22/11/2020

Rezension zu "Der Sandmann"

Hallihallo ihr Büchernerds👋,

lange lange ist mein letzter Post her, aber das soll mich nicht davon abhalten, euch meine Leseeindrücke von einem wirklich schaurigen, verstörenden und spannenden Buch mitzuteilen! 

Ihr werdet es nicht glauben: Ich habe einen Klassiker gelesen! Ein echtes Kunstmärchen aus der Schwarzen Romantik:


Titel: Der Sandmann
Autorin: Ernst Theodor Amadeus (E. T. A.) Hoffmann
Erscheinungsdatum: erstmals 1816 veröffentlicht; meine Ausgabe: 10.06.2004
Genre: Schwarze Romantik (häufig auch als Schauerroman bezeichnet)
Seitenzahl (meiner Ausgabe): 90
Preis (meiner Ausgabe): 4,95€

~Inhalt (kurz und knapp, wie immer)~

Der Student Nathanael erzählt seinem Freund Lothar in einem Brief, er habe in der Gestalt des Wetterglashändlers Coppola den Advokaten Coppelius wiedergetroffen. Dieser hatte während Nathanaels Kindheit mit dessen Vater alchemistische Experimente durchgeführt, die letztlich zum Tod des Vaters geführt hatten. Coppelius steht in Verbindung mit einem Kindheitstrauma Nathanaels, weswegen er in ihm die Gestalt des Sandmanns sieht, eines Monsters, das Kindern die Augen ausreißt. (Quelle: https://www.lovelybooks.de/autor/E.-T.-A.-Hoffmann/Der-Sandmann-106833122-w/)


~Meine Meinung~ (dieses Mal leider nicht Spoilerfrei)


Direkt zu Anfang fällt Eines auf: Der Schreibstil. Dadurch, dass die Geschichte erstmals 1816 veröffentlicht wurde, beinhaltet sie viele mir bisher unbekannte Wörter, an welche ich mich allerdings mit der Zeit gewöhnt habe. Außerdem sind die Sätze teils sehr lang und dadurch schwerer verständlich. An dieses Buch muss man mit Köpfchen ran gehen, es regt zum nach- und mitdenken an, sorgt für Gedanken auch Stunden nach dem Lesen und zu Gesprächen mit anderen Lesern des Buches.
Der Roman lässt viel Platz für eigene Interpretationsmöglichkeiten und schreibt einem nicht vor, wie sich die gesamte Geschichte exakt abspielt und wie sich die einzelnen Charaktere entwickeln. Hierbei können wunderbare Diskussionen über den genauen Ablauf und die Charaktere entstehen, was ich als großen Pluspunkt des Buches sehe!

Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten hat mich Nathanaels Geschichte nach einigen Seiten packen können, einen großen Anteil daran hat die Aufmachung des Buches: Es beginnt mit drei Briefen, in denen Nathanael seinen Freunden, und somit auch dem Leser, seine Situation schildert.

Den Protagonisten Nathanael lernt man auf Grundlage der Beife relativ schnell und gut kennen: Es wird klar, dass er mit einem Trauma aus seiner Kindheit zu kämpfen hat: Der Kastrationsangst. Das Augenmotiv spielt hier eine zentrale Rolle. Der schrecklichen Sandmann, löst in Nathanael die Angst, vor der Beschädigung oder Verletzung der Augen, aus. Die Angst vor dem Erblinden ist häufig ein Ersatz für die Kastrationsangst, dies lässt sich durch das Studium von Phantasien, Träumen und Mythen feststellen. Hier ist der Bezug des Romans zur Wirklichkeit am größten: Der junge Nathanael ist durch seine Kastrationsangst auf seinen Vater fixiert, wodurch er unfähig wird, zu Lieben. Diese These wurde in zahlreichen Krankenanalysen, als psychologisch richtig eingestuft.

Im Anschluss an oben erwähnte Briefe, befindet sich der Leser zeitlich gesehen in Nathanaels Gegenwart. Er hat viele Informationen über Nathanael und auch die anderen Charaktere gesammelt: Clara und Lothar haben von Anfang an, als gute Freunde für Nathanael fungiert und somit für mich sympathisch gewirkt. Coppelius, Coppula, Spalanzani und der Sandmann wirken durchweg skurril und unheimlich. Durch diese Charaktere gelingt es dem Autor Spannung aufzubauen und den Leser an die Geschichte zu binden. Außerdem spielt Olimpia (welche später in der Handlung auftaucht), eine Holzpuppe, welche von Nathanael als wahre Person empfunden und geleibt wird, eine große Rolle, im Bezug auf Nathanaels Trauma.

Wie oben schon erwähnt ist Nathanael unfähig zu lieben: Als er nach einiger Zeit merkt, dass er mit einer Holzpuppe seine Zeit verbringt und sie behandelt wie eine menschliche Geliebte, ist Nathanael völlig verstört von sich selbst und schafft es nicht mehr seine Gedanken zu ordnen. Seine Angst und seine psychischen Probleme überrennen ihn. Dies bringt ihn im großen Finale des Buches zum Versuch, seine frühere Geliebte Clara umzubringen, nachdem dies scheitert, begeht er Selbstmord und lässt das Buch sehr unerwartet, nach circa 40 Seiten, enden.
Die restlichen Seiten sind mit Anmerkungen und Gedanken gefüllt, welche durchaus nicht uninteressant sind. 

Der Grusel der Handlung liegt nicht in der Erzählweise oder des Romanes an sich, er liegt viel mehr in den eigenen Gedanken und Gefühlen, welche ich im Laufe des Buches entwickelt habe. Der Grusel liegt in der Frage und der Diskussion nach der Wahrheit!



~Fazit~

Für diese Geschichte gibt es unendlich viele Interpretationsmöglichkeiten, das Buch ist zwar nicht besonders lang, aber baut dennoch sehr gut Spannung auf. In meinen Augen eignet sich "Der Sandmann" sehr gut als Einstiegsbuch in "ältere" Bücher, beispielsweise in die Romantik. An dieser Stelle würde ich dem Buch 4,5/5🌸 geben und eine Kaufempfehlung für all jene, die gerne mal etwas vollkommen anders und unerwartetes lesen möchten, aussprechen!

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